von Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler, LL.M. Sportrecht (Universität Bayreuth)
Der Abbruch des Spielbetriebs in den unterklassigen Fußball-Ligen sowie zahlreichen anderen Sportarten in der vergangenen Spielzeit hat die gesamte Sportbranche wirtschaftlich schwer getroffen. Auch die sog. „Geisterspiele“ in Bundesliga oder Champions League dienten lediglich der Abmilderung von noch schwerwiegenderen finanziellen Folgen, die eine Absage nach sich gezogen hätte. Neben den wirtschaftlichen Folgen beschäftigen auch zahlreiche rechtliche Fragen Vereine, Sportler, Fans und Sponsoren seit Monaten.
Die Absage oder Verschiebung von zahlreichen Sportevents warf zunächst die Frage auf, welche Rechte haben Fans und Zuschauer, die bereits Tickets für Bundesligaspiele oder die Europameisterschaft erworben hatten. Da sowohl die Absage als auch der Zuschauerausschluss auf behördlichen Anordnungen zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung beruhte, traf die jeweiligen Veranstalter (Vereine, Verbände, etc.) kein Verschulden, denn die Durchführung der Sportveranstaltung wurde ihnen rechtlich unmöglich gemacht. Dies führt dazu, dass der Veranstalter von seiner Pflicht zur Durchführung der Veranstaltung und der Zuschauer von seiner Pflicht zur Bezahlung des Ticketpreises befreit wurde. Wenn der Ticketpreis bereits bezahlt wurde, ist der Zuschauer zum Rücktritt vom geschlossenen Vertrag berechtigt und kann den Ticketpreis zurückverlangen. Bei Dauerkartenbesitzern beschränkt sich dieses Recht auf denjenigen Anteil am Gesamtpreis, der dem Anteil der ausgefallenen Spiele an der Gesamtzahl der Heimspiele entspricht. Im Falle von verschobenen Events (z.B. Europameisterschaft, Olympische Spiele) behalten die erworbenen Eintrittskarten zunächst ihre Gültigkeit, es ist aber davon auszugehen, dass bereits die allgemeinen
Ticketbedingungen ein Rücktrittsrecht gewähren, wenn der vorgesehene Nachholtermin nicht wahrgenommen werden kann.
Auch im Bereich von Sponsoring- und Werbeverträgen stellen sich zahlreiche Rechtsfragen. Bei einer ersatzlosen Absage wird der Sponsor von seiner Vergütungspflicht frei bzw. kann eine bereits gezahlte Vergütung zurückverlangen, da der Vertragszweck, nämlich das Werben im Rahmen der Veranstaltung nicht mehr erreicht werden kann. Anderes gilt, wenn die Veranstaltung verschoben wird, denn grundsätzlich kann der Vertragszweck dann noch – verspätet – erreicht werden. Hier kommt es auf die jeweiligen Umstände im Einzelfall an, z.B. für was geworben wird (z.B. neues Produkt auf dem Markt) und unter welchen Bedingungen die Nachholung (z.B. reduzierte Zuschauerzahl) erfolgen soll. Bei den „Geisterspielen“ in der Bundesliga war zudem jeweils zu klären, ob der Sponsor durch die fortgesetzte Medienberichterstattung trotz fehlendem Stadionpublikum einen gleichwertigen Werbeeffekt erzielen konnte. Im Einzelfall können interessengerechte Lösungen durch das rechtliche Institut der Vertragsanpassung erzielt werden.
Da in vielen Vereinen unterschiedlicher Sportarten für eine bestimmte Zeit die Ausübung des Sportbetriebs gänzlich oder teilweise unmöglich war, stellte sich auch die Frage, ob dies die Pflicht zur Zahlung von Mitgliedsbeiträgen für die Mitglieder entfallen lässt oder ein Sonderkündigungsrecht für Mitglieder begründet. Dies ist zunächst eine Frage der jeweiligen Vereinssatzung oder anderer Vereinsordnungen. Generell ist jedoch davon auszugehen, dass mit einer Vereinsmitgliedschaft weitere Rechte als die bloße Inanspruchnahme von Sportanlagen oder anderen Vereinsangeboten verbunden sind, sodass die Mitgliedschaft als solche nicht unmöglich wird und daher nur ordentlich gekündigt werden kann. Grundsätzlich bleibt dann auch die Beitragspflicht vollständig bestehen. Dies ist auch richtig und wichtig, denn der Verein als Zusammenschluss seiner Mitglieder ist gerade in schwierigen Zeiten auf die Solidarität und den Zusammenhalt seiner Mitglieder angewiesen.