von Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler, LL.M. Sportrecht (Universität Bayreuth)
Ein skurriler Fall wurde im vergangenen Jahr vor dem Amtsgericht Nürnberg verhandelt. Ein Mann hatte die DFL GmbH wegen Schadensersatzes aus entgangenem Wettgewinn in Höhe von EUR 190,97 in Anspruch genommen. Hintergrund der Klage war der folgende: Der Mann hatte bei einem Sportwettenanbieter darauf gewettet, dass in der 1. Halbzeit der Bundesligapartie zwischen dem 1. FC Nürnberg und Schalke 04 mindestens ein Tor fallen würde. Kurz vor der Halbzeitpause erzielte der Nürnberger Spieler Behrens das vermeintliche Führungstor, welches vom Schiedsrichter wegen eines vorherigen Stürmerfouls jedoch nicht gegeben wurde. Zwar stellte sich nach Auswertung der Videobilder heraus, dass tatsächlich kein Stürmerfoul vorausging, jedoch hatte der Schiedsrichter das Spiel bereits durch seinen Pfiff unterbrochen, bevor der Ball von Behrens über der Torlinie war. Es wurde also kein Tor erzielt und somit auch kein Tor aufgrund einer Fehlentscheidung aberkannt. Aus diesem Grund konnte der Videoassistent nicht korrigierend eingreifen. Es blieb beim 0:0 zur Halbzeit und der Kläger hatte seine Wette verloren, weshalb er die DFL auf Schadensersatz in Anspruch nahm.
Die Klage hatte jedoch – erwartungsgemäß – keinen Erfolg. Das Amtsgericht entschied, dass dem Kläger gegen die DFL, als Veranstalterin der Bundesligaspiele, keine vertraglichen Schadensersatzansprüche zustehen, da der Wettvertrag mit dem Sportwettenanbieter geschlossen wurde und nicht zwischen dem Kläger und der DFL. Auch der Umstand, dass der Sportwettenanbieter einen Sponsoringvertrag mit der DFL unterhält, kann nicht dazu führen, dass der Kunde des Wettanbieters in den Schutzbereich dieses Sponsoringvertrages einbezogen ist. Auch deliktische Haftungsansprüche gegen die DFL kommen nach Auffassung des Amtsgerichts Nürnberg nicht in Betracht, da bereits keinerlei Anhaltspunkte für ein deliktisches Handeln des Schiedsrichters, das der DFL zurechenbar wäre, vorlagen. Ansprüche gegen die DFL kommen daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
Allensfalls wäre in einem solchen Fall an unmittelbare Schadensersatzansprüche gegen den Schiedsrichter zu denken, wenn nachweisbar wäre, dass dieser durch sein Verhalten eine Straftat verwirklicht hätte. Der Fußballfan denkt hierbei sicherlich mit Schrecken an den „Fall Hoyzer“ zurück, als dieser sich wegen Beihilfe zum Betrug durch bewusste und absichtliche Spielmanipulation zugunsten Dritter vor Gericht verantworten musste. Im vorliegenden Fall lag jedoch ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht vor, denn es traten keinerlei Umstände hinzu, die auf Betrugsabsichten des Schiedsrichters hindeuteten. Eine bloße Fehlentscheidung des Schiedsrichters gehört zum Sport und erfolgt nicht in betrügerischer Absicht, sodass auch eine zivilrechtliche Haftung des Schiedsrichters gegenüber dem Kunden eines Wettanbieters nicht in Betracht kommt. Und das ist auch gut so!