von Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler, LL.M. Sportrecht (Universität Bayreuth)

Die oftmals verbitterte Auseinandersetzung zwischen Betreibern von Sportanlagen und den betroffenen Anwohnern in der näheren Umgebung beschäftigen Politik, Verwaltung und Justiz immer wieder und schon seit Jahrzehnten. Dabei muss oberste Maxime eigentlich die Befriedung der Beteiligten und die Entwicklung und Ausarbeitung akzeptabler Kompromisse für beide Parteien sein. Die Politik ist bemüht, die Belange aller Beteiligten im Rahmen der Gesetzgebung angemessen zu berücksichtigen und hat verbindliche Regeln mit einzuhaltenden Lärmgrenzwerten für den Betrieb von Sportanlagen aufgestellt – die Sportanlagenlärmschutzverordnung. Je nach Gebietscharakter (Wohngebiet, Mischgebieten, Gewerbegebiete, etc.) hat der Betreiber eines Fußballplatzes darauf zu achten, dass bestimmte Grenzwerte bei Sportveranstaltungen in Abhängigkeit von der Tageszeit eingehalten werden. Über die Zulassung von geplanten Veranstaltungen oder die Genehmigung über den Bau einer Sportanlage entscheidet die jeweils zuständige Behörde – unter Beachtung der Vorgaben zum Lärmschutz. Kommt es zum Streit mit Anwohnern über die rechtliche Zulässigkeit bestimmter Vorhaben haben sich letztlich die Gerichte mit dem Thema zu befassen.

Insbesondere bei großen Bauvorhaben wie dem Bau des neuen Stadions in Freiburg rückt dieses Dauerthema wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob ein Bundesligaverein ein Stadion für 35.000 Zuschauer errichtet oder ein Amateurclub einen Dorfsportplatz neu baut. Die zu beachtenden Lärmschutzregeln gelten für alle, wobei es selbstverständlich auf der Hand liegt, dass Geräuschimmissionen je nach Anzahl der teilnehmenden Fans steigen.

Bei der Frage der (bau-)rechtlichen Zulässigkeit von großen Fußballstadien – wie nun auch im Freiburger Fall – geistert immer wieder der Begriff des „seltenen Ereignisses“ durch die Diskussion. Dies beruht darauf, dass die Lärmschutzverordnung die Überschreitung von geltenden Lärmgrenzwerten zu bestimmten Zeiten in gewissem Umfang zulässt, wenn die Überschreitung aufgrund eines seltenen Ereignisses eintritt. Nach der Verordnung sind seltene Ereignisse solche, die höchstens an 18 Kalendertagen im Jahr auftreten. Einschränkend ist dabei jedoch zu beachten, dass diese Zahl nicht absolut verstanden werden darf, sondern ins Verhältnis zu setzen ist zum üblichen Betrieb in der jeweiligen Sportanlage.
Bezogen auf das neue SC-Stadion muss dies bei (fußball-)sachverständiger Würdigung jedoch bedeuten, dass der Normalbetrieb des Stadions in 17 Heimspielen pro Saison stattfindet, die üblicherweise und weit überwiegend am Nachmittag gespielt werden. Die hier vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vorläufig untersagten Anstoßzeiten am Freitagabend und Sonntagmittag 13.30 Uhr wären richtigerweise ins Verhältnis zu den Nachmittagsspielen im Regelbetrieb pro Saison zu setzen gewesen, was dazu hätte führen müssen, dass Abendspiele am Freitag und Sonntagsspiele um 13.30 Uhr als seltene Ereignisse zu bewerten gewesen wären, denn jeder Bundesligist hat im Verhältnis nur eine geringe Anzahl solcher Anstoßzeiten pro Saison. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies in seiner aktuellen Entscheidung verkannt und dabei pauschal alle Anstoßzeiten einheitlich als Normalbetrieb Bundesligaspiel bewertet. Man kann nur mutmaßen, dass die verantwortlichen Richter in Mannheim keine Fußballfans sind und sich mit dem Bundesligaspielplan bzw. der Verteilung der Anstoßzeiten nicht ausreichend befasst haben. Anders ist die Entscheidung in diesem Punkt kaum nachvollziehbar. Zu beachten ist dabei nämlich auch, dass Verwaltungsgerichte in der Vergangenheit (z.B. VG Freiburg, VG Berlin) Abendspiele in der Bundesliga stets als seltenes Ereignis bewertet haben. Man darf gespannt sein, wie die endgültige Entscheidung im nun anstehenden Hauptsachverfahren ausfallen wird.